BSG: Entziehung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit bei heimlichen Filmen der Arzthelferinnen in der Umkleide

Aus dem Terminbericht des BSG:

Urteil vom 03.04.2019 – B 6 KA 4/18 R

Die Revision des klagenden Arztes ist ohne Erfolg geblieben. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass die Entziehung der Zulassung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit durch den beklagten Berufungsausschuss nicht zu beanstanden ist.

Ohne Erfolg rügt die Revision Fehler des LSG bei der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes. Dabei stützt sie sich vor allem darauf, dass das Urteil des Amtsgerichts, das den Kläger zu einer Freiheitsstrafe verurteilt hat, infolge der Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht wirkungslos geworden ist. Das hat jedoch nicht zur Folge, dass die Zulassungsinstanzen und die Gerichte sich nicht auf die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen oder die Ergebnisse des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens stützen durften, zumal diese durch zahlreiche Aussagen und Unterlagen aus dem maßgeblichen Zeitraum bestätigt wurden. Das LSG hat den maßgeblichen Sachverhalt auch hinreichend umfassend aufgeklärt. Die von ihm ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen tragen die Schlussfolgerung, dass der Kläger seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich verletzt hat und ihm deshalb die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung zu entziehen ist. Das LSG hat festgestellt, dass der Kläger vor Ende 2007 in seiner Praxis eine Überwachungsanlage installiert hat, mit deren Hilfe er Aufnahmen seiner Helferinnen in unbekleidetem Zustand beim Umziehen erstellen konnte und erstellt hat, die dann in sein Büro überspielt und dort aufgezeichnet worden sind. Dieses Vorgehen hat der Kläger bis zum Jahr 2012 fortgesetzt und die Aufnahmen auf dem dafür vorgesehenen Gerät gespeichert.

In der über Jahre fortgesetzten massiven Verletzung der Privat- und Intimsphäre der Mitarbeiterinnen liegt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V. Strafandrohung und Strafrahmen des § 201a StGB lassen hinreichend deutlich erkennen, welchen Unrechtsgehalt der Gesetzgeber Verletzungen der Intimsphäre zuweist. Gerade die Übertragungen der Bilder aus dem Umkleideraum in das Büro des Klägers und die Speicherung mit dem ausdrücklich eingeräumten Ziel, entsprechende Bilder öfter anzusehen, machen deutlich, dass der Kläger die Intimsphäre der Mitarbeiterinnen zum Objekt seiner besonderen Interessen gemacht hat, was geeignet ist, die Betroffenen nachhaltig zu traumatisieren. Mit einem Zahnarzt, der sich über Jahre so verhalten hat, müssen die Träger der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht länger zusammenarbeiten.

Ob auch die Voraussetzungen des Entziehungstatbestandes der fehlenden Eignung (§ 21 Satz 1 Zahnärzte-ZV in Verbindung mit § 95 Abs 6 SGB V) vorliegen, lässt der Senat offen; für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten kommt es hierauf nicht an.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Gotha – S 7 KA 2580/15, 23.03.2016
Thüringer Landessozialgericht – L 11 KA 807/16, 20.11.2017

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