BSG: Keine Gründung eines MVZ durch Verlegung von Arztstellen (m.Anm.)

Aus dem Terminsbericht des BSG:

Urteil vom 11.10.2017 – B 6 KA 38/16 R –

Die Revision der klagenden GmbH hat keinen Erfolg gehabt. Der beklagte Berufungsausschuss hat die Anträge der Klägerin auf Zulassung und auf Genehmigung der Anstellung einer Ärztin und einer Psychotherapeutin zu Recht abgelehnt.

Durch die Verlegung von Arztanstellungen auf der Grundlage des § 24 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV kann kein neuer Zulassungsstatus begründet werden. Die durch das VSG im Juli 2015 eingeführte Vorschrift ermöglicht die Verlegung von Arztanstellungen von einem MVZ in ein anderes MVZ desselben Betreibers oder einer anderen Betreibergesellschaft mit denselben Gesellschaftern. Nach Wortlaut, systematischer Stellung und Entstehungsgeschichte kann die Norm keine Grundlage für die Schaffung eines neuen, zusätzlichen Zulassungsstatus sein. Insoweit ist ohne Bedeutung, dass die von der Klägerin gewollte neue Zulassung keine Erhöhung der Überversorgung zur Folge haben und in diesem Sinne bedarfsplanungsrechtlich neutral wäre.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 103 Abs 4a Satz 1 SGB V trägt das Begehren der Klägerin nicht. Die Klägerin verzichtet nicht im Sinne dieser Vorschrift auf ihre Zulassung, schon weil eine Tätigkeit eines MVZ „im Anstellungsverhältnis“ nicht möglich ist.

SG Hamburg                              – S 27 KA 39/16 –
SG Hamburg                              – S 27 KA 47/16 –
SG Hamburg                              – S 27 KA 50/16 –
Bundessozialgericht              – B 6 KA 38/16 R –

Anmerkung:

Die Entscheidung des BSG verdient zunächst insofern Zustimmung, als sie klar stellt, dass Verlegungen von Arztstellen zwischen MVZ in gleicher Trägerschaft („Gesellschaftsidentität“) oder zwischen MVZ verschiedener Träger aber mit identischen Gesellschaftern („Gesellschafteridentität“) gemäß § 24 Abs. 7 S. 2 Ärzte-ZV möglich sind. Diese Wertung entspricht der amtlichen Begründung des Versorgungsstärkungsgesetzes (GKV-VSG). Gleichwohl wurde die Verlegungsmöglichkeit bei Gesellschafteridentität von manchen Zulassungsausschüssen in der Vergangenheit in Abrede gestellt.

Auf den ersten Blick ist auch das Ergebnis, dass danach genehmigte Angestelltenstellen nicht in ein noch nicht existierendes MVZ „verlegt“ werden können, nicht weiter überraschend. Denn rechtlich gesehen wird zunächst die bestehende Anstellung in dem einen MVZ beendet und sodann in dem anderen MVZ  genehmigt.  Allerdings ist davon auszugehen, dass ein MVZ mit Gründung seines Trägers und Beginn der Teilnahme am Rechtsverkehr – etwa durch Abschluss des Gesellschaftsvertrages und von Anstellungsverträgen – „entsteht“ und lediglich noch der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung durch den Zulassungsausschuss bedarf, wenn es die Anforderungen von § 95 Abs. 1 und 1a SGB V erfüllt bzw. im Zeitpunkt des Beginns der Zulassung zu erfüllen in der Lage ist (vgl. die dogmatisch zutreffende Einordnung bei Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 2. Aufl. 2014, Rdnr. 814). Insofern wäre also im Fall von Gesellschafts- bzw. Gesellschafteridentität das Bestehen eines MVZ, dem man die „zu verlegenden Angestelltenstellen“ genehmigen kann, sehr wohl denkbar. Ob der 6. Senat sich mit diesen Erwägungen befasst hat oder aufgrund der konkreten Gestaltung im entschiedenen Fall nicht befassen musste, ist nach Veröffentlichung der vollständigen Urteilsbegründung zu bewerten.

RA Jörg Paßmann, Fachanwalt für Medizinrecht, Köln, 12.10.2017

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